Färbertag

„O Herr hilf, O Herr lass wohl gelingen“ – diesen Satz ließen die Bramscher Tuchmacher 1829 nicht ohne Grund über ihre neue Färberei in Stein meißeln. Das Färben des Bramscher Rot mit Naturfarben ist aufwendig und langwierig. Es braucht viel Erfahrung, um den Farbton genau zu treffen. Am Sonntag, dem 29.April haben wir das Experiment zusammen mit der Kunterbunten Wollspinnerey wieder gewagt. Ziel war es, den Farbton des Bramscher Rots auch ohne Zusatz von giftigen Chemikalien zu färben. Da der Farbton an den beiden vergangenen Färbertagen noch nicht ganz gelungen war, diesmal mit leicht veränderter Rezeptur.

Damit die Wolle den Farbstoff aufnehmen kann, musste sie zunächst gewaschen und gebeizt werden. Die Beize wurde mit 15 % Alaun angesetzt. Hinzu kam noch 6 % Weinsteinrahm, um die Wolle weicher und den Farbton leuchtender werden zu lassen. In der Beize wurde die Wolle langsam auf 90 °C erhitzt, eine Stunde lang eingekocht, nach dem Abkühlen eine Woche feucht gehalten und vor dem Färben nochmal kalt durchgespült. Zwei Tage vor dem Färbertag wurde unser Zinnkessel mit Wasser gefüllt und 3,6 kg Krapp in drei Wäschesäcken eingelegt, damit die Wurzelstückchen später nicht in der Wolle hängen bleiben. Der Krapp quoll auf und gab den Farbstoff in die Färbeflotte ab.

Färberkrapp ist eine Kulturpflanze aus der Familie der Rötegewächse (Rubiaceae). Zum Färben werden die mindestens drei Jahre alten Wurzeln ausgegraben, getrocknet und zerkleinert. Erst beim Trocknen entwickelt sich der rote Farbstoff, das Alizarin.

Am Sonntagmorgen kam zum Krapp die gleiche Menge (3,6 kg) Wolle in den Kessel. Um 10.00 Uhr wurde der Ofen unter dem Zinnkessel mit Buchenholz angeheizt.

Um 11.00 Uhr hatte das Wasser bereits 55 °C und wir nahmen eine erste Farbprobe. Um 12.00 waren die 70 °C im Kessel erreicht und der Farbton schon recht intensiv. Nun fehlte nur noch eine Nuance. 9 Esslöffel Pottasche reichten aus, um das Bramscher Rot perfekt zu machen.

Sabine Jordan, Monika Langenfeld, Annika Habich, Sabine Adams, Christine Söllößi von der Kunterbunten WollspinnereyDas Färben mit Pflanzenfarben ist ein Genuss für alle Sinne. Die langsam aufziehende, sich stetig wandelnde Farbe überrascht beim Herausnehmen immer wieder aufs Neue mit ihrer Schönheit, Lebendigkeit und Vielschichtigkeit.

Nun ließen wir die Wolle im Färbebad langsam auskühlen. Um 17.00 Uhr wurde sie aus dem Kessel geholt, gespült und über Nacht zum Abtropfen liegen gelassen.

Jetzt trocknet die Wolle auf dem Boden der Kornmühle. Im nächsten Schritt werden wir sie kardieren. Dann sind wieder die Damen der Kunterbunten Wollspinnerey gefragt: sie verspinnen die Wolle zu Garn, das dann beim Schafstag am 10.06.2018im Museum erworben werden kann. An diesem Tag werden wir auch wieder Färben und das bewährte Rezept überprüfen.

Ob Andreas Wolf, der im späten 18. Jahrhundert als erster Schönfärber in der Bramscher Tuchmachergilde tätig war, das rote Tuch für die Uniformen der Hannoverschen Armee auf diese Weise färbte, lässt sich nicht mehr feststellen. Sein Färberezept war ein gut gehütetes Geheimnis. Wir wissen jedoch, dass er mit Krapp färbte und die Färbung in einem Zinnkessel am besten gelang. Er traf den Farbton so zuverlässig, dass die Bramscher Tuchmacher über viele Jahrzehnte mit der Lieferung des roten Tuchs an die Regierung in Hannover beauftragt wurden.

Ilka Thörner
08.05.2018 – 14:01 Uhr